Jörgen
Beckmann
(ein kurzer Überblick mit
einer chronologischen Auflistung der Amtsträger)
Die
ersten Stützpunkte der christlichen Kirche in unserem
Raum findet man ab dem 4.Jahrhundert in den
linksrheinischen Gebieten, wie Trier, Mainz, Bonn, Köln
und Xanten, die zu der Zeit noch Bestandteil des
römischen Reiches waren.
Etwa
zum gleichen Zeitpunkt kam es auf der rechten Seite des
Rheins im Bereich zwischen Rhein und Weser zur
fränkischen Stammesbildung durch Vereinigung mehrerer
germanischer Stämme. Im 5. Jahrhundert stießen die
Franken in die linksrheinischen Gebiete vor. Der
Frankenkönig Chlodwig schaffte es, seine Widersacher
erbarmungslos zu beseitigen und sich zum alleinigen
Herrscher der Franken zu machen. Unter König Chlodwig
übernahmen die Franken 497 das Christentum, um sich mit
der dortigen gallisch-römischen Bevölkerung zu
versöhnen.
Die
Wanderungen der Franken und Sachsen in der Zeit des 5. -
7.Jahrhunderts sowie die schon bestehenden
linksrheinischen Kirchen aus der römischen Zeit
Die
in unserem Gebiet ansässigen Brukterer und Chattuarier
waren fränkisch orientiert. Inwieweit sie schon das
Christentum angenommen hatten, ist nicht bekannt.
Zumindest weiß man, dass die Missionare Suitbert und
Willibrord hier in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts
tätig waren.
Um
695 drangen die Sachsen, die ebenfalls aus einer
Verschmelzung westgermanischer Stämme aus dem Bereich der
unteren Elbe hervorgingen, in das Gebiet zwischen Ruhr und
Lippe ein. Ihr Siedlungsgebiet erstreckte sich im 8.
Jahrhundert von der Elbe und nördlich davon bis zum
Niederrhein, Westfalen, Hessen und Thüringen. Sie machten
alle bisherige Missionsarbeit zunichte.
Durch
das Vordringen der Sachsen rückte jetzt die politische
Lösung der fränkischen-sächsischen Verhältnisse in den
Vordergrund, denn beide Stammesgruppen waren nun direkte
Nachbarn geworden. Schließlich klärte Frankenkönig Karl
der Große (768-814) die Lage, indem er in mehreren
Feldzügen innerhalb eines Zeitraumes von etwa 30 Jahren
die Sachsen endgültig besiegte. Die in unserem Gebiet
liegende Sachsenfestung Hohensyburg eroberte Karl der
Große 775. Ein Jahr später richtete er dort eine dem
heiligen Petrus geweihte Kapelle ein.
Zur
Durchführung seiner Ziele bei der Missionierung der
Sachsen wandte Karl der Große drakonische Maßnahmen an.
Nach der „Capitulatio de partibus Saxoniae“ stand auf
die Ausübung der heidnischen Religion die Todesstrafe.
Das oben genannte Gesetz griff auch in das Privatvermögen
ein, denn um die Existenz der Kirche zu ermöglichen und
zu sichern, sollte jede zu errichtende Kirche in Sachsen
einen Hof und zwei Bauerngüter als Grundbesitz sowie von
jeder Person, egal welchen Standes den Zehnten vom Ertrag
des Grundbesitzes und den Zehnten von jedem Erwerb an die
Kirche abführen. Die oben angeführte Capitulatio wurde
797 bzw. 802 abgeschwächt, um Aufstände in Sachsen zu
verhindern.
„................Sterben soll, wer gewaltsam
eine Kirche erstürmt und in ihr mit Gewalt oder mit
Diebsgriff etwas wegnimmt oder die Kirche in Flammen
aufgehen läßt .................Sterben soll, wer die
vierzigtägigen Fasten vor Ostern in Verachtung des
christlichen Glaubens bricht und Fleisch ißt. Aber es
soll vom Priester geprüft werden, ob er nicht durch Not
gezwungen war, Fleisch zu essen. Sterben soll, wer einen
Bischof, einen Priester oder einen Diakon
tötet.................Todesstrafe erleidet der, der nach
heidnischem Brauch Leichen bestattet, indem er den
Körper den Flammen preisgibt. Sterben soll, wer Heide
bleiben will und unter den Sachsen sich verbirgt, um
nicht getauft zu werden oder es verschmäht, zur Taufe zu
gehen.................Was die niedrigeren Fälle angeht,
so stimmen alle darin überein, daß einer jeden Kirche
ein Haupthof und zwei Hufen Landes von den Einwohnern
eines Gaues, die zu jener Kirche gehören, übertragen
werde, und daß je 120 Einwohner sowohl Adelige als auch
Freie und Hörige, einen Knecht und eine Magd für diese
Kirche beisteuern sollen. Und es entspricht christlichem
Gebot, daß allenthalben von allen königlichen
Einkünften, auch von den Friedens- und Strafgeldern, der
zehnte Teil den Kirchen und Priestern zustehen soll. In
gleicher Weise schreiben wir göttlichem Gebot gemäß vor,
daß alle den Zehnt von ihrem Vermögen und ihrer Arbeit
den Kirchen und Geistlichen abliefern sollen, und zwar
sowohl die Adeligen als auch die Freien und die Hörigen;
denn was Gott einem jeden Christen schenkt, muß zum Teil
Gott wiedergegeben werden. An den Sonntagen sollen keine
öffentlichen Zusammenkünfte und Gerichtsverhandlungen
stattfinden, wenn es nicht große Not oder feindliche
Angriffe erfordern. Denn am Sonntag sollen alle zur
Kirche gehen, beten und Gottes Wort hören. Genauso soll
es an den hohen Kirchenfesten gehalten werden.
Entsprechend erscheint es sinnvoll, in diese
Vorschriften einzufügen, daß alle Kinder innerhalb eines
Jahres getauft werden. Wir setzen fest, daß derjenige,
der ohne Erlaubnis des Pfarrers dieses verschmäht, dem
,,Fiscus" als Adeliger 120 Solidus, als Freier 60
Solidus und als Höriger 30 Solidus zur Buße zu zahlen
hat. Wer eine verbotene oder unerlaubte Ehe eingeht,
zahlt als Adeliger 60, als Freier 30 und als Höriger 15
Solidus..................Wir befehlen, daß die
christlichen Sachsen in den Kirchhöfen und nicht auf den
heidnischen Grabhügeln bestattet
werden..................Wer Bestechungsgelder annimmt,
verfällt unserem Königsbann, und wenn er, was
hoffentlich nicht passiert, ein Graf ist, verliert er
sein Amt. Alle Grafen sollen untereinander Frieden und
Eintracht halten; und wenn unter Umständen Streit
zwischen ihnen ausbricht, sollen sie sich auf unsern
Beistand und unsere Entscheidung verlassen. Wenn jemand
einen Grafen tötet oder seine Beseitigung plant, fällt
sein Erbe dem König zu, in dessen Gewalt er ausgeliefert
werden muß.............“.
Die
missionarische Erschließung des sächsischen Gebietes
Mit
der Eroberung des Sachsengebietes setzte sofort die
missionarische Erschließung ein. Für die Missionierung
unseres hiesigen Gebietes dürfte Liudger eine große
Rolle gespielt haben. Er, der auch Münster gegründet
hatte, baute 799 das Kloster Werden bei Essen. Als er 809
starb, wurde er in Werden beigesetzt und später heilig
gesprochen. Die Gründung des Marienmünsters mit dem
Stift in Essen geht auf Altfrid zurück, der ab 851
Bischof in Hildesheim war.
Die
erste schriftliche Überlieferung, dass das Christentum
auch schon im hiesigen Raum verbreitet war, d.h. in
Herbede bzw. Hattingen, geht aus dem Überführungsbericht
des heiligen Alexanders von Rom nach Wildeshausen, der „Translatio
Sancti Alexandri“ aus dem Jahre 852 hervor, denn hierin
wird angeführt, dass eine blinde Frau mit Namen Werika
aus Herbede bei Hattingen in Gegenwart der Reliquien des
Heiligen sehend wurde.
Weitere
Belege, dass das Christentum in unserem Raum ein fester
Bestandteil geworden war, liefern uns das Urbar der
Benediktinerabtei Werden (Essen) aus dem Jahre 882 „....In
der Siedlung Heven (gibt an Pacht) der Freie
Thankbracht 18 Scheffel Gerste und 8 Denar
Heerschilling........“ und das etwas später
zusammengestellte Kettenbuch des Stiftes Essen, die all
den großen klösterlichen Landbesitz anführten. Mit der
schriftlichen Besitzfixierung beabsichtigten die Klöster
ihr Eigentum vor einer möglichen Entfremdungen durch den
Adel zu bewahren. Heven und viele angrenzende und
umliegende Orte werden in diesen Urbaren das erstemal
genannt.
Weitere
Schenkungen vom Hoch- und niederen Adel an die Klöster
Werden, Kaufungen, Gevelsberg und Deutz sowie an das Stift
Essen führten dazu, dass zu Ende des Mittelalters der
größte Teil des Herbeder und Hevener Grund und Bodens in
klösterliches Eigentum übergegangen war.
Der
hiesige Zehnt und die Herbeder Kirche dürften zunächst
dem Kölner Erzbischof unterstanden haben. Die Herbeder
Kirche wurde dem heiligen Vitus geweiht. Während des
12.Jahrhunderts geriet sie durch eine Schenkung an die
Benediktinerabtei Deutz. Die Schenkung wird durch zwei
Papsturkunden aus den Jahren 1160 und 1207 bestätigt. Der
Besitz von Kirchen war für ein Kloster nicht nur eine
zusätzliche Geldquelle, sondern er bedeutete auch eine
Steigerung der Einflussnahme und Machtposition.
Die
Frage, ob das Kirchspiel Herbede auch schon vor der
Schenkung der Herbeder Kirche an die Abtei Deutz aus den
Gemeinden der Orte Heven und Herbede bestand, bleibt
bisher unbeantwortet. Die Lage des Schmidt-Hofes in Heven
als Kirchenhof könnte ein Hinweis sein.
Mit
der Gründung des Eigengerichtes Herbede um 1311-1338, das
bis dahin Bestandteil des Goes bzw. Amtes Bochum war,
dürften wohl auch die Kirchspielgrenzen den
Gerichtsgrenzen angeglichen worden sein. Von der damaligen
Bestückung der Kirche mit Pfarrern zeugt der bei Johann
Diedrich von Steinen zitierte alte Kirchenvertrag:
Beim
Abgang eines Pastors stellt die Gemeinde dem Gerichtsherrn
3 Kandidaten vor, aus welchen der Herr einen als Pastor
ernennt, wobei der Abt zu Deutz die Investitur gibt.“
Das
Kirchspiel und Gericht Herbede
Als
Pfarrer in Herbede wird um 1286 Henricus notarius Domini
aus Arnsberg, um 1348 ein Wenemari, um 1396 ein Wilhelmi
und um 1446 ein Johann von Dülmen in Urkunden angeführt.
Die beiden mittleren waren auch Mitglied der Essener
Kaland-Bruderschaft, die sich das Jenseits ähnlich
ständeartig organisiert wie das Diesseits vorstellte.
1472
stiftete Neveling Stael von Holstein (Herr auf Hardenstein)
die Vikarie St. Johannis Baptistae zu Herbede. Der wohl
letzte katholische Pfarrer in Herbede Johannes Weltiger
und sein Vikar und Kaplan Hermann Voeste, die beide auch
Mitglied der Kaland-Bruderschaft waren, traten 1531 unter
anderen als Zeugen auf, als Heinrich von Brempt und dessen
Ehefrau Beatrix Stael von Holstein die Fondationsurkunde
für die Vikarie St. Johannis Baptistae in Herbede
abändern ließen.
Es
war wohl nicht der große Brand des Dorfes Herbede am
21.April 1548, sondern die tiefe Überzeugung der Grund
dafür, dass etwa um 1550 der Herbeder Pastor Saldenberg
und seine Gemeinde zum lutherischen Glauben wechselten.
Der Glaubenswechsel dürfte sich im Kirchspiel Herbede
ohne Druck oder Anweisung des Landesherrn vollzogen haben.
Beweise finden wir darin, dass es auch weiterhin
katholische Nachbargemeinden gab und dass nach dem
30-jährigen Krieg für die Klärung der Eigentumsrechte
an der Kirche das Stichjahr 1609 zugrunde gelegt wurde.
Pastor
Saldenberg stammte aus einer alten Herbeder Familie. Sein
Bruder, der zu der Zeit in Herbede Vikar war, blieb
katholisch. Er verließ die Gemeinde und ihm wurde
nachgesagt, dass er wichtige Kirchenpapiere vernichtet
bzw. mitgenommen habe.
Durch
den Glaubenswechsel wurde eine Neuordnung der gesamten
Kirchenangelegenheiten notwendig und auch vorgenommen. Der
Landesherr, der Herzog von Kleve, führte ab jetzt die
kirchliche Oberaufsicht, die letzterer in der Ausübung
dem hiesigen Gerichtsherrn von Elverfeldt zu Herbede
übertrug. Im Kirchspielvertrag vom 6.April 1585 zwischen
dem Pastor und dem Gerichtsherrn Conrad von Elverfeldt
legten beide fest, dass wie seit uraltersher der Pastor
neben den jährlichen Gefällen, Pächten und Gewinnen aus
dem Hevener Schmidt-Hof und den 4 Herbeder Kirchenkotten
zusätzlich die oben genannten Einkünfte aus dem halben
Hevener Stemberg-Hof erhielt. Wie man sieht, ist
evangelisch zu sein teuerer als katholisch zu sein. Der
Grund lag darin, dass der evangelische Pastor jetzt
heiraten durfte.
Pastor
Saldenberg starb 1589. Ihm folgte bis 1604 Johannes Rump
genannt Döpper (aus Schwelm) im Amt. 1603 wurde mit der
Führung des Herbeder Rechen- und Renthenbuches
begonnen, in dem alle Kirchenein- und -ausgaben
festgehalten wurden.
Den
Pastor Rump löste 1605 - 1613 Hermann Merker (Märker)
ab. Hermann Merker (*1583, …1630)
war der Sohn des Hattinger Bürgermeisters und Herbeder
und Wittener Richters Conrad Merker. Auf Pastor Merkers
Betreiben wurde 1606 die erste Herbeder Schule gegründet
und 1611 die erste Herbeder Kirchenorgel angeschafft, für
deren Bau in der Gemeinde Sach- und Geldspenden gesammelt
wurden.
Bezogen
auf die eingerichtete Schule sei noch angemerkt, dass zu
jener Zeit noch Schulgeld verlangt wurde und es keine
allgemeine Schulpflicht gab. So ist es leicht
verständlich, dass nur die Kinder der wohlhabenderen
Bevölkerung diese besuchen konnten.
Pastor
Hermann Merker wechselte 1613 als Pfarrer in seinen
Heimatort Hattingen. Ihm folgte Georg Westermann im Amt.
Dieser, Sohn einer alten Herbeder Familie, diente der
hiesigen Gemeinde bis zu seinem Tod 1649. Während seiner
Amtszeit tobte der 30-jährige Krieg (1618-1648). Von den
Wirren der damaligen Zeit zeugen Hypothekenbriefe mit
hohen Schulden der Bauern. Während seiner Amtszeit
dienten Wilhelm Gronenberg um 1615 und Johann Peter
Feldmann um 1639 als Vikar in Herbede.
Vor
dem 30-jährigen Krieg bekleidete der Pastor aus Sicht der
bäuerlichen Bevölkerung nach dem Gerichtsherrn
unangefochten den Rang der zweithöchsten Person im
Kirchspiel. Die dann folgenden langen kriegerischen
Auseinandersetzungen zwischen den beiden Konfessionen um
den richtigen Glauben führte dazu, dass das Ansehen und
die Amtsstellung der Pfarrer in den Gemeinden erheblich
sanken. Bei einigen später folgenden
Pfarrstellen-Besetzungen wird dieses sehr deutlich.
Ab
1649 bis zu seinem Tode 1666 übernahm Pastor Georg
Hasenkamp (gebürtig in Hattingen) die Seelsorge der
Herbeder Kirchspielgemeinde. In seine Amtszeit fiel die
generelle Klärung der Besitz- und Eigentumsverhältnisse
an den einzelnen Kirchen zwischen den beiden Konfessionen.
Als Vikar wurde zu seiner Amtszeit um 1663 Eberhard
Bilstein angeführt.
Dem
Pastor Georg Hasenkamp folgte 1667 der aus Hattingen
stammende Johann Bertram Langrötger. Um die Einsetzung
Langrötgers als Pfarrer stritten sich die Gemeinde und
der Gerichtsherr bzw. Kirchenpatron Freiherr von
Elverfeldt, weil der Kirchenpatron hier eigenmächtig
gehandelt und die alte schon auf der Vorseite beschriebene
Regelung des Vorschlagrechtes der Gemeinde nicht beachtet
hatte. Die Gemeinde blockierte daraufhin die Kirche und
die Gottesdienste. Den Streit schlichtete letztlich der
Landesherr, der Kurfürst von Brandenburg durch die
Einquartierung einer Schwadron Reiter-Soldaten auf dem
Hevener Dönhof, die von den Bauern des Kirchspiels
solange verpflegt werden mussten, bis der Streit beigelegt
war. Somit gab die Gemeinde aufgrund der zutragenden
Lasten sehr schnell mit ihren Forderungen nach.
Den
Pastor Langrötger löste 1669 Pastor Johann Theodor
Messing, der aus Voerde (Ennepetal) stammte, ab. Die
Vermutung liegt nahe, dass die Vorfahren Pa-stor Messings
vom Hevener Messing-Hof kamen. Pastor Messing hatte ab
1693 alle von ihm vorgenommenen kirchlichen
Amtshandlungen, wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen
schriftlich festzuhalten. Doch nicht nur das Führen der
Kirchenbücher wurde ihm angetragen, sondern man forderte
behördlicherseits von ihm, dass er alle Amtshandlungen
von Beginn seiner Amtszeit, d.h. von 1669 an, schriftlich
festzuhalten hatte. Als Vikare dienten in Herbede während
seiner Amtszeit um 1680 Gottfried Kaetenberg gen. Vietor
und um 1693 Elias Ennichmann.
Da
sich die Gemeinde nach dem Tode Pastor Messings 1703 nicht
auf drei Bewerber für die Herbeder Pfarrstelle einigen
konnte, die dem Gerichtsherrn und Patron des Kirchspiels
dem Freiherren von Elverfeldt vorgeschlagen werden
sollten, lud man einen Regierungskommissar aus Kleve und
den märkischen Inspektor zur Leitung der Wahl nach
Herbede ein. Von 11 Bewerbern erhielten bei dieser
erneuten Wahl 3 die weitaus meisten Stimmen. Der
Gerichtsherr von Elverfeldt wählte aber nicht einen der
drei vorgeschlagenen Pfarrer aus, sondern bestimmte Johan
Henrich Büscher zum Herbeder Pfarrer, der letztlich auch
von der Regierung in Kleve akzeptiert wurde. Doch die
Gemeinde wehrte sich. Um wieder Frieden in die Gemeinde zu
bringen, setzte 1705 der König von Preußen, Friedrich I
als Landesherr und oberster Kirchenpatron, den in
Blankenburg geborenen Johann Erich Schüßler als Pfarrer
ein.
Wie
schon oben erwähnt, setzte ihn der Landesherr ein, weil
sich die Gemeinde und der Gerichtsherr von Elverfeldt
nicht auf einen gemeinsamen Nachfolger einigen konnten.
Seitens der Gemeinde und des Gerichtsherrn bereitete man
nun dem neuen Pfarrer in den ersten Jahren der
Amtsübernahme ernorme Schwierigkeiten, indem man
versuchte, ihn wegzuekeln. Hiervon zeugen mehrere
Beschwerden des Pfarrers bei der Klevischen Regierung wie
z.B. diese, die er am 28. April 1710 einreichte:
„...
Denn ferner so kann ich von
meinem pfächtigen Schmid zu Heven, die noch
rückständigen 10 rthl. gewinn nicht erhalten, es hat
derselbige auch vor einiger Zeit 13 Scheffel Roggen
geliefert, so aber fast lauter Dort und Dreck und wenig
gutes Korn ist, habe auch damals erinnert, selbiges gar
geringe Korn, wieder mit zurück zunehmen, und es nebst
dem noch schuldigen 3 Scheffel roggen zu verbeßern, weils
auf solche weise nicht annehmen könte, welches aber biß
diese stunde nicht erhalten können.
Gleicher
Gehalt denn auch er, und mein pfächtiger Sternberg, sich
strafbahrlich unterstehen, von dem in pfacht unterhabenden
pastorath gütern, ohne mein willen und wissen nach ihrem
gefallen zum erbschaden der Güter, die sonst fruchtbahre
große eichenbäume abzuhauen und zu verbringen.
Wenn
nun Ew. Hochedl. wegen exigirung meine pfächte und
debenten generale Commission aufgetragen ist, so muß
dienstlich bitten, der gemeinheit zu Herbede zu
unausgestelleter abführung der reise und ordinations
Kosten, als auch in Specia meinem morosen pfächtigern
Schmid zu Heven, zu bezahlung des Gewins und der 4 Malter
roggen, mit denen übrigen Specificirenden debenten
anzuweisen... "
Doch
da seitens der preußischen Regierung in Kleve keine
Versetzung bzw. Abberufung des Pastors erfolgte,
akzeptierten die Gemeindemitglieder langsam den neuen
Pastor, der die Gemeinde dann bis zu seinem Tod im Jahre
1741 betreute.
Ihm
folgte von 1742-1746 der aus Herdecke stammende Johann
Kaspar Bülbering. Da dieser 1746 plötzlich verstarb,
wurde der Vikar Feldmann provisorisch mit der Führung
dieses Amtes beauftragt.
Zur
kirchlichen Organisation sei noch erwähnt, dass Friedrich
der Große zwischen 1741 und 1750 die Pfarrer zu Witten,
Stiepel und Herbede zum Zusammenschluß einer Klasse der
Märkischen Synode aufforderte.
Im
Jahre 1748 wählte die Kirchengemeinde den Herbeder
Wilhelm Rautert zu ihrem neuen Pfarrer. Er führte die
Gemeinde über 50 Jahre bis zu seinem Tod im Jahre 1799.
Während seiner Amtszeit hielt er viele außerkirchliche
Geschehnisse in der Gemeinde im Kirchenbuch fest, so z.B.
die Ruhr-Epidemie im Jahre 1750 und die Plünderungen
während des 7-jährigen Krieges.
„.......In
diesem 1750-ten Jahre hat die Rote Ruhr, dysenteria, hat
an allen Orten der Grafschaft Mark stark grassiert, und
sind in dieser Gemeinde sonderlich in der Bauerschaft
Heven und im Dorfe dreißig und etliche an dieser höchst
erschwerlichen Plage gestorben nämlich alterstehende
Personen von 23 bis inklusiv 57 ausgenommen zwei Frauen
welche Geburt hatten.....“.
„.....
Am 27. September 1758 kamen die Franzosen in Wannen und
Heven und nahmen alles Heu und allen Haber (Hafer) und
Gerste mit dem Stroh hinweg. Sie kamen mit vielen Wägen
und Pferden und luden alles auf die Wägen und Pferde; den
1. Oktober kamen sie abermals nach Wannen und Heven, und
nahmen vollends was noch an Haber und Gerste
zurückgeblieben war hinweg, und nahmen sie den Roggen und
Weizen, Erbsen und Wicken hinweg. K'örmann, Cracht und
Woestenhoff kamen fast um allen ihren Roggen. Fischenberg,
Nidderbauer und Sevecken behielten aber ihren Roggen noch.
Bei der Fouragirung (Verpflegungsbeschaffung für die
Truppe), welche sehr tumultuarisch zuging, wurde soviel
Korn zerstreut, daß mans mit besemen (Besen) in den
Häussern konnte zusammen kehren. Es war schrecklich und
kläglich anzusehen. Kein Mensch hatte dergleichen jemals
gesehen und erlebt. Dieser gewaltsame Ueberfall
verursachte ein so großes Schrecken und alteration
(Aufregung), daß viele Leute davon krank wurden. Im
September 1758 grassirte auch allhier die rothe ruhr
(Darmkrankheit mit Darmbluten). O, eine trübselige
Zeit......"
Als Vikare
wurden während seiner Amtszeit Franz Kaspar Gottfried
Töllner um 1753 und Johann Friedrich Lemmer um 1768
genannt. Ende des 18.Jahrhunderts versuchte Pastor Wilhelm
Rautert öffentliche Mittel für die Reparatur der
baufälligen Herbeder Kirche zu bekommen, doch ihm wurden
behördlicherseits keine Gelder bewilligt. 1794 verklagte
er seinen Hattingen Kollegen, weil dieser es gewagt hatte,
ein Kind aus dem Herbeder Kirchspiel zu taufen. Ab 1785
betrieb Pastor Rautert die Entsetzung des Hevener
Schmidt-Hofbauern Henrich Jörgen Beckmann, weil dieser
dem Trunk verfallen war und nicht mehr seinen
Abgabeverpflichtungen gegenüber der Pfarrei nachkam. Die Entsetzung
des Schmidt-Hofes gelang erst Rauterts Sohn Friedrich
Wilhelm Rautert, der seinem Vater im Amte folgte. Dieser
räumte dem Altbauern auf dem Hof einen Altenteil ein und
setzte Henrich Wilhelm Beckmann, ältester Sohn des alten
Schmidt-Hofbauern wieder als Bauer ein, aber jetzt nicht
als Erbpächter, sondern als Zeitpächter. Doch der junge
Schmidt-Hofbauer wehrte sich gerichtlich gegen diese
Abstufung. Seine Klage hatte Erfolg und ihm wurde das
Erbpachtrecht wieder zuerkannt. Somit konnte er nach 1825
von der Ablösung der grundherrlichen Rechte der Herbeder
Pfarrei an seinem Schmidt-Hof Gebrauch machen.
Ostern
1803 stürzte die dem Turm angegliederte baufällige
Herbeder Kirche ein. In den Jahren 1811-1812 wurde das
heutige Kirchenschiff an der gleichen Stelle erbaut
.
Herbeder Kirche (
Aufnahme 1999 )
Ab
1803 wurde der Schulunterricht auch in Heven aufgenommen.
Das Hevener Schulgebäude wurde größtenteils über
Kollekten finanziert und erst 1808 fertiggestellt.
Nach
dem Tode Pastor Rauterts 1818 wurde der aus Dortmund
stammende Johann Friedrich Wilhelm Ernst Möller zum
Nachfolger gewählt. Während seiner 52 jährigen Amtszeit
wuchs die Gemeinde stark an. Der einstige Kirchenbesitz,
d.h. der Schmidt- und Stemberg-Hof sowie die Kirchenkotten
gingen durch die jetzt gesetzlich möglich gewordene
Ablösung der grundherrlichen Rechte durch Zahlungen des
25-fachen jährlichen Abgabensatzes an die entsprechenden
Bauern und Kötter über.
Der
Kirchenpatron, der Freiherr von Elverfeldt, wohnte nicht
mehr in Herbede sondern auf Haus Villigst und verzichtete
1852 auf das Herbeder Kirchen-Patronat.
Durch
den Bergbau und die aufkommende Industrialisierung und die
damit verbundenen Zuwanderungen von Arbeitskräften,
wuchsen auch die Mitglieder-zahlen der evangelischen
Kirchengemeinde des Kirchspiels. Somit richtete man in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine zweite und
letztlich eine dritte Pfarrstelle ein.
Von
1867 bis zu seinem Tode bekleidete Heinrich Wilhelm
Kienecker (gebürtig in Lengerich) die I.Pfarrstelle und
von 1871-1884 Konrad Heinrich Engeling (gebürtig in
Bielefeld) die II.Pfarrstelle des Kirchspiels. 1885 folgte
Alexander van Hoefen auf der I.Pfarrstelle, 1893 Gustav
Kracht auf der II. und 1894 Heinrich Baxmeier auf der
III.Pfarrstelle. Heinrich Baxmeister wählte seinen
Wohnsitz schon zu Beginn seiner Amtszeit in Heven.
Seit
1867 galt im Kirchspiel, dass die zu bestellenden 60
Repräsentanten nach dem Verhältnis der Seelenzahl auf
die 5 Kommunen (Heven, Ostherbede, Westherbede, Vormholz
und Durchholz) zu verteilen sind. 1895 zählte Heven 4570,
Ostherbede 1026, Westherbede 1807, Vormholz 1177 und
Durchholz 1015 Seelen. Das überschnelle Anwachsen der
Einwohnerzahl Hevens gegenüber den 4 anderen Kommunen des
Kirchspiels veranlasste die Hevener Presbyter und
Kirchenrepräsentanten am 2.Februar 1895 ein Gesuch an das
königliche Konzessorium zu richten, mit der Bitte um
Auspfarrung aus der Muttergemeinde. Die Ausgliederung
Hevens erfolgte am 1.April 1898.
Mit
der Abtrennung Hevens aus der Muttergemeinde Herbede endet
die Geschichte des ursprünglichen Herbeder Kirchspiels.
Bis
1870 war im ganzen Kirchspiel immer nur ein Pfarrer
tätig. Der gewählte Pfarrer blieb meistens bis zu seinem
Tode in Amt und Würden. Ruhestand bzw. Pension gab es
für Pfarrer bis dahin nicht.
Hevener Kirche ( erbaut 1901, Aufnahme
um 1960 )
Die Pfarrer der
Pfarrbezirke der Evangelischen Gemeinde zu Heven |
I |
II |
III |
Heinrich Baxmeier 1899 - 1932 |
Heinrich Ernst Wilhelm Kröner
1932 - 1966 |
|
Diederich Kölling 1955 - 1962 |
|
|
Günter Stallner 1962 - 1965 |
|
Friedrich Edelhoff 1966 - 1999 |
Hermann Rodtmann 1966 - 1979 |
III. Hans-Georg Westphal 1965 -
1996 |
|
Martin Robra 1981 - 1988 |
|
|
Horst Hoffmann ab 1988 |
|
Heike Oberwelland ab 2000 |
|
zugeordnete Pfarrer: Friedrich Stahlhut, Ulrike Menzel,
Andreas Menzel, 1996 - 1999 |
Die
folgende Tabelle der Kirchmeister entnahm ich dem Bericht
von Robert Große Stoltenberg aus dem Jahr 1965 und
ordnete dabei die Kirchmeister chronologisch. Drei
Kirchmeister amtierten stets zusammen. Auffallend dabei
ist, dass nur Bauern dieses Amt bekleideten und dass
zwischen Herbedern und Hevenern ein Proporz von etwa 2 zu
1 bestand
Kirchmeister
des Kirchspiels Herbede von 1603 - 1740
|
Amtszeit |
aus
Herbede |
aus
Heven |
1603 |
- |
1604 |
|
Schulte
zum Dönhoff, Johann |
1603 |
- |
1604 |
Preyn,
Reinert |
|
1603 |
- |
1604 |
Schulte
im Saldenberg, Dietrich |
|
1604 |
- |
1609 |
Deitermann,
Johann |
|
1604 |
- |
1609 |
Murmann,
Hermann |
|
1604 |
- |
1609 |
|
Schmidt,
Hermann |
1609 |
- |
1624
+ |
|
Mering.
Jürgen |
1609 |
- |
1625 |
Mittelste
Berghaus, Johann |
|
1609 |
- |
1637 |
Lennemann
zu Rüßberg, Johann |
|
1624 |
- |
1637 |
|
Zurnedden,
Henrich |
1625 |
- |
1657
+ |
Oberste
Berghaus, Johann |
|
1637 |
|
|
Därmann,
Johann |
|
1637 |
- |
1643 |
|
Frahne,
Johann |
1637 |
- |
1646 |
Mittelste
Rüßberg, Johann |
|
1643 |
- |
1649 |
|
Mering,
Cordt |
1646 |
- |
1649 |
Große
Westermann, Jorgen |
|
1649 |
- |
1665 |
|
Schulte
zum Dönhoff, Johann |
1649 |
- |
1675 |
Voeste,
Cordt |
|
1657 |
- |
1682 |
Mittelste
Berghaus, Cordt |
|
1668 |
|
|
Deitermann,
Dietherich |
|
1668 |
|
|
|
Frahne,
Cracht |
1668 |
|
|
Halsebandt,
Dietrich |
|
1668 |
|
|
Murmann,
Hermann |
|
1675 |
- |
1678 |
Fränken,
Luther |
|
1675 |
- |
1682 |
|
Schulte
zum Dönhoff, Melchior |
1678 |
|
|
Schulte
im Saldenberg, |
|
1682 |
- |
1684 |
|
Rehlinghaus,
Henrich |
1682 |
- |
1687 |
Mittelste
Rüßberg, Henrich |
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1682 |
- |
1687 |
Preyn,
Jürgen |
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1684 |
- |
1698 |
Mittelste
Berghaus, Henrich |
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1686 |
- |
1687 |
König,
Johann |
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1687 |
- |
1698 |
Große
Rüßberg, Henrich |
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1695 |
- |
1698 |
|
(Elling
gen.) Schmidt, Conrad |
1698 |
- |
1702 |
Schulte
im Saldenberg, |
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1701 |
- |
1702 |
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Brockmann |
1702 |
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Große
Rüßberg |
|
1702 |
|
|
|
(Elling
gen.) Schmidt, Conrad |
1704 |
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|
Fränken, |
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1704 |
|
|
Starmann,
Henrich |
|
1704 |
- |
1707 |
Oberste
Berghaus, |
|
1704 |
- |
1712 |
Plarsiepen,
Rötger |
|
1704 |
- |
1719 |
|
Brockmann,
Henrich Johann |
1707 |
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Dieckershoff
gen. Schmeing,Johann Henrich |
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1709 |
- |
1710 |
Starmann,
Johannes |
|
1709 |
- |
1718 |
|
Jost,
Wilhelm |
1710 |
- |
1718 |
Große
Hetmann, |
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1712 |
- |
1718 |
Halsebandt,
Diederich Jorgen |
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1719 |
- |
|
Schulte
im Saldenberg, Jacob |
|
1719 |
- |
1722 |
Mittelste
Rüßberg, Heinrich |
|
1719 |
- |
1725 |
Mittelste
Berghaus, Gerhard |
|
1722 |
- |
1727 |
Därmann,
Johann Henrich Diedrich |
|
1722 |
- |
1727 |
|
Elling,
Curt Johann |
1727 |
- |
1732 |
|
Jost,
Diederich |
1727 |
- |
1740 |
Tiemann,
Johann Henrich |
|
1729 |
- |
1740 |
Voeste,
Henrich Wilhelm |
|
1732 |
- |
1739 |
Stolting,
Melchior Georg |
|
1732 |
- |
1740 |
Peddenbruch,
Johann Diedrich Henrich |
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1739 |
- |
1740 |
|
Jost,
Johann Henrich |
1740 |
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König,
Caspar |
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1743 |
- |
1746 |
Lennemann
zu Rüßberg, |
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