Bürger- und Heimatverein Heven e.V.
                                    gegründet 07.02.1897
 
 
   

 

 

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 Heven  
   mittelalterliche Stände

 
 

Die Ständegesellschaft des Mittelalters

 
 

Jörgen Beckmann

 
Im Mittelalter unterschied man in der Gesellschaft Freie und Unfreie. Bezogen auf die Funktion gliederte sich die Gesellschaft in drei Stände. Die Zugehörigkeit zu den einzelnen Ständen ergab sich ursprünglich aus sozialen Unterscheidungen, wie der Herkunft, dem Besitz, der Bildung und dem Beruf und war somit fließend. Doch im 12. Jahrhundert hatte sich die Erblichkeit der Standeszugehörigkeit durchgesetzt.
 

Der Adel

Kaiser, Könige, Fürsten, Herzöge, Grafen und Edele bildeten den Hochadel. Sie empfingen ihre Lehen direkt vom Kaiser bzw. König und waren somit reichsunmittelbar.

Zum niederen Adel zählte der Dienstadel. Er war nicht reichsunmittelbar und seine Aufgaben bestanden darin, mit Pferd und Rüstung an militärischen Aktionen des Hochadels teilzunehmen und einfache Verwaltungsaufgaben als Ministerialen und Drosten zu übernehmen. Bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts war der Übergang vom Bauerstand in den niederen Adel und umgekehrt fließend. Mit dem Reichslandfrieden von 1152 und 1186 wurde für den Adel die Ritterbürtigkeit festgeschrieben.
 

Der Klerus

Der Klerus hatte die Aufgabe, die christliche Religion zu lehren, zu verbreitern, zu pflegen und zu überwachen. Sie hatten eigene Gerichte und unterstanden nicht den weltlichen Gerichten. Die Amtsträger der Kirche entstammten größtenteils dem Adel, wobei die Bischofsämter und oft auch die Äbte der Klöster mit nachgeborenen Söhnen des Hochadels besetzt wurden. Einige Bischöfe waren gleichzeitig auch Fürsten und führten somit auch weltliche Macht innerhalb ihres Gebietes aus.
 

Die Bauern

Bei den Bauern unterschied man drei Gruppen, und zwar die freien Bauern, die hörigen Bauern und die unfreien Bauern.

Die freien Bauern waren Eigentümer ihres Hofes, wurden nicht bevormundet bei der Wahl des Ehepartners und unterstanden keinem Grundherren.

Die hörigen Bauern waren Erbpächter oder Pächter ihrer Höfe und somit schollengebunden. Sie konnten auch Grund erwerben, der jedoch beim Tod des Erwerbers ganz oder zum Teil dem Hofeigner und dem Gerichtsherrn zufiel. Weiterhin hatten sie neben der Pacht bei Heirat und beim Generationswechsel Sonderleistungen zu erbringen und benötigten bei der Wahl des Ehepartners das Einverständnis des Grundherrn bzw. des Vogtes oder Schultheißen. Um der Willkür der Eigentümer und Verwalter entgegenzuwirken, wurden innerhalb des Hofesverbandes die Pflichten und Rechte der Hofesbauern in sogenannten Weisthümern schriftlich fixiert.

Die unfreien Bauern galten als Zubehör des Hofes und waren somit in einem sehr hohen Maße vom Grundherrn abhängig und konnten von diesem sogar verkauft werden.

 

Das Bürgertum

Ab dem 11.Jahrhundert errangen Städte ihre Freiheit und konnten somit die Verwaltung und Gerichtbarkeit durch eigene bürgerliche Organe ausführen. Die Voraussetzungen zur Aufnahme in den Bürgerstand war Hausbesitz in der Stadt, die Ausübung eines Handwerks oder Tätigkeit als Händler.

Ausgeschlossen von der Ständeeinteilung waren unehelich Geborene, Unbehauste wie Knechte, Mägde, Dienstboten und Bettler sowie Personen, die ein unehrenhaftes Gewerbe ausübten wie Henker, Abdecker und Prostituierte.

Der Adel und Klerus verlangten immer einen festen Anteil an den Pächten und so trugen die Bauern bei Branntschatzungen und Ausraubungen ihrer Höfe durch Fehden des Adels und bei Mißernten durch Hagelschlag, Dürre, Pflanzenkrankheiten und Tierseuchen die ganze Last und das Risiko, d.h. in schlechten Zeiten litten unter den drei Ständen die Bauern stets am meisten. Weiterhin mußten die hörigen Bauern, und zu dieser Gruppe gehörten die meisten Bauern, Mist- und Holzfahr- sowie Pflug- und Erntedienste auf den Gütern des hiesigen Adels leisten, so daß der Adel für die Bewirtschaftung seiner eigenen Flächen nicht einmal eigenes Gerät und Zugvieh benötigte, denn letzteres hatten die Bauern mitzubringen.

Die Situation und die daraus resultierenden Spannungen des Ständewesens der damaligen Zeit drücken die folgenden drei Verse aus jener Zeit treffend aus:

 

„Dafür lob ich den Bauersmann, der alle Welt ernähren kann. Er läßt sei­nen Pflug streichen - wer kann sich mit ihm vergleichen? Kein König wäre so edel, er hätte weder Wein noch Brot. Was sie am Hofe an Ver­gnügen sich leisten, das kommt von den Bauersleuten. Drum rat ich dir, Ritter, gut - halte den Bauern in deiner Hut.“
 

Bauernarbeit trägt die Welt, österreichischen Spruchdichter Heinrich der Teichner, 14. Jahrhundert

„Während das Streben der Beter, frei von weltlichen Geschäften, auf Gott gerichtet ist, hat es den Kriegern zu danken, daß es sich den heiligen Dingen in Sicherheit widmen kann, und den Bauern, daß es durch de­ren Arbeit mit leiblicher Nahrung versorgt wird. In gleicher Weise wer­den die Bauern durch die Fürbitte der Beter zu Gott erhoben und durch die Waffen der Krieger verteidigt. Ebenso werden die Krieger unterstützt, indem sie von den Erträgen der Felder ihre Verpflegung erhalten und durch Besteuerung zu ihrem Sold kommen, und indem das Gebet der Frommen die Gewalttaten ihrer Waffen sühnt.“
 

Dreiständeregel Kleriker, Gerhard von Cambrai, 11. Jahrhun­dert

„Wer sollte den Acker bestellen, wenn ihr alle Herren wäret? Unser Herr hat jedem ein Amt verliehen, er hat niemanden zur Untätig­keit erschaffen. Wir müssen uns alle einer Aufgabe annehmen, damit wir unser Leben fristen. Ich habe auch ein Amt: Predigen ist meine Aufgabe. Da unser Herr alle Dinge mit Weisheit geordnet hat, so hat er auch das Le­ben der Menschen geordnet und eingerichtet, wie er will und nicht, wie wir wollen. Wollte mancher gern ein Graf sein, so muß er doch ein Schuster sein. Wolltest du gern ein Ritter sein, so mußt du doch ein Bauer sein und für uns Korn und Wein bauen. Du mußt sein, was Gott will.“
 

Ermahnung an die Bauern, ihre irdische Exis­tenz gelassen zu ertragen, Prediger Berthold von Regensburg 13.Jahrhundert aus: Peter Arens, Wege durch die Finsternis, Europa im Mittelalter, München 2004

 

b. Zum Verständnis der damaligen bäuerlichen Situation im hiesigen Gebiet

Während des 9. bis 14.Jahrhunderts gingen die meisten Hevener Höfe durch Schenkungen der Kaiser, der Erzbischöfe von Köln, der Grafen und hiesiger Adeliger in das Eigentum der Klöster Werden, Kaufungen, Gevelsberg und Deutz sowie des Stiftes Essen über. Zum einen erfolgten viele Hof-Schenkungen an die Kirche als Mitgift beim Klostereintritt von Familienmitgliedern und zum anderen zum „Seelenheil“ Verstorbener.

Der Oberhof Dönhof und dessen Unterhöfe waren im Besitz der Grafen von Arnberg, der Zurnedden-Hof den Herren von Reifferscheid, Bedburg und zur Dicke und die später wohl auf Markenland eingerichteten Hofstellen Blumenau und Fischenberg nannten die Freiherren von Elverfeldt zu Herbede ihr Eigen.

 

Die Unterhöfe hatten ihre Pacht an den jeweiligen Oberhof, der von einem Schulten bzw. Meyer bewirtschaftet wurde, abzuführen. Die Verwaltung des Hofesverbandes unterstand einem Schultheißen. Während der Schulte oder Meyer dem bäuerlichem Stand angehörte, war das Schultheißenamt mit Angehörigen des niederen Adels besetzt. Durch die Verteilung der Unterhöfe auf verschiedene Orte versuchten die Eigentümer, ihr Risiko zu streuen, denn Mißernten sowie Felder- und Höfeverwüstungen durch Fehden fanden ja nicht gleichzeitig überall statt.

Als Verwalter ihres Grundbesitzes setzten die Klöster und Stifte einen Vogt ein. Dieser verlangte für seine Dienste ein Entgelt. Da der Vogt eine Person sein mußte, die die militärische Macht haben und in der Lage sein mußte, den Besitz des Klosters bzw. Stiftes zu schützen und die Pacht sicher zu ihrem Zielort anzuliefern, kamen für diese Funktion nahezu nur Grafen und Fürsten in Frage. (Hier waren es die Grafen von Isenberg bzw. von der Mark)

Zählt man die an der Hevener Mark berechtigten Querenburger Höfe mit zu den Hevener Bauern, so waren im späten Mittelalter bis auf Overberg, der bis 1513 ein freier Bauer war, alle hörige Bauern. Mit der Herauslösung des Gerichtes Herbede aus dem Amt Bochum um 1311, wurden im Westen der Ölbach und im Norden der Hemeckebach in Kleinherbede als Grenze festgelegt und das Herbeder Kirchspiel diesen Grenzen angepaßt.

Die Höfe hatten etwa die Hälfte ihrer Ernte abzuliefern. Ein Drittel der Abgaben teilten sich der Grundherr, Vogt und Schultheiß. Der Schultheiß erhielt ebenfalls Abgaben bei der Hochzeit und beim Tod des Bauern und der Bäuerin. Seitens des Schultheißen wurde ein Hof nur an ein Ehepaar in Pacht oder Erbpacht gegeben, d.h. zu vier Händen. Zusätzlich der oben genannten Pachtabgaben hatten die Bauern den sogenannte „Zehnt“, der ursprünglich eine flächengebundene Kirchenabgabe war, aufzubringen. Dieser entsprach einem Zehntel der jeweiligen Ernte auf diesen Parzellen. Die Kirche (der Erzbischof) hatte diese Zehnten zum Teil an Klöster verschenkt und auch oft aus Geldnot an Privatpersonen (Adelige) veräußert. Eine weitere Belastung der Bauern lag in der Bereitstellung von Pferden für den Schultheißen im Kriegsfall und in den Steuern (Türkensteuern 1542, 1598 usw.) des Landesherrn, die zur Anwerbung von Söldnern zur Abwehr von Feinden benötigt wurden. Doch am meisten litten die Bauern bei kriegerischen Auseinandersetzung durch durchziehende Heere, die ihnen nahezu die gesamten Vorräte und das Vieh raubten.

Bauernaufstände gab es im hiesigen Gebiet nicht, woraus wir folgern können, daß die Belastungen, die die Bauern zu tragen hatten, hier noch erträglich waren. Ein Grund dafür dürfte die nahegelegene freie Reichsstadt Dortmund gewesen sein, in die die überforderten Bauernfamilien des nachts hätten flüchten können. Eine Abwanderung hiesiger Bauern nach Dortmund war jedoch nicht festzustellen.

Drosten waren Amtsvorsteher, die seitens des Landesherrn zur Verwaltung eingesetzt wurden. Sie entstammten dem hiesigen niederen Adel und waren unter anderem in Hagen, Wetter, Blankenstein, Bochum tätig.

 

 

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